Fahrstühle und Rampen an Bahnhöfen und in Einkaufszentren sind mittlerweile normal – aber ein barrierefreier Zugang zur Informationstechnik? Rein theoretisch ist dies auch möglich, schließlich sind Arbeitgeber seit Mai 2002 dazu verpflichtet, ihre Webseiten und Software so zu gestalten, dass sie für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen bedienbar sind. Dem zu Grunde liegt das „Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen“ und speziell Paragraph 12, namens „Barrierefreie Informationstechnik“. Damit kam auch erstmals die Frage nach barrierefreier Softwareentwicklung auf.
Das Gesetz beinhaltet jedoch keine technischen Vorgaben, sondern lediglich das Ziel, uneingeschränkten Zugangs zur IT sicherzustellen. In Deutschland liegt die Beschäftigungsquote von Menschen mit einer Schwerbehinderung seit 2011 konstant zwischen 4,6 und 4,7 Prozent[1] und ist damit noch ausbaufähig. Allerdings sollte die Barrierefreiheit einen hohen Stellenwert einnehmen, um Menschen mit Einschränkungen bei Sinneswahrnehmungen und Motorik einen einfachen Zugang zu Web-Anwendungen zu gewährleisten.
Unsere Tipps für eine barrierefreie Anwendungsentwicklung
Ein nicht unerheblicher Teil der Verantwortung für das Erreichen der Barrierefreiheit liegt beim Anwendungsentwickler. Grafische Bedienelemente, wie Buttons und Links, sollten mit genügend Platz und einer aussagekräftigen Beschreibung, wie beispielsweise das Ziel eines Links, angelegt werden. Hierbei sollte auf den Einsatz von Grafiken verzichtet werden, da diese nicht optimal von Screen-Readern ausgewertet werden können. Sollten jedoch informative Grafiken eingesetzt werden, ist darauf zu achten, dass ein Alternativtext vorhanden ist. Nicht informative Grafiken dürfen keinen Alternativtext besitzen, dazu zählen unter anderem auch Abstandshalter bzw. Spacer.
Auch die Verwendung von Farbe ist ein wichtiges Thema. Hierbei sollte auf ausreichende Kontraste geachtet werden. Kommt Bildmaterial zum Einsatz, sollten die Grafiken nicht transparent sein. Zudem ist es für den Nutzer hilfreich, wenn Texte und Gruppen visuell voneinander abgegrenzt sind. Ist ein Text zum Beispiel in kleinere Abschnitte mit eigenständigen Überschriften eingeteilt, sorgt dies für eine erhöhte Informationsaufnahme und ein besseres Verständnis.
Strukturierung ist generell ein sehr wichtiger Punkt in der Barrierefreiheit. Es sollten die gleichen Zugangswege zu den Inhalten der Seite geschaffen werden, vorzugsweise zum Beispiel ein Menü mit den nächsten Unterpunkten, Sprungmarken und Suchfunktionen. Dies fördert die einheitliche Navigation in der Anwendung. Zudem sollte auch der dargestellte Inhalt so angepasst werden, dass keine Scroll-Balken entstehen.
Ein guter Test, um zu schauen, ob eine Anwendung gut strukturiert ist, ist das Ausschalten des CSS. Damit kann überprüft werden, ob der Inhalt auch ohne Stylesheet gut strukturiert ist. Auch der Einsatz von einem eigenen Screen-Reader bzw. das Steuern der Anwendung ohne Maus kann Aufschluss geben, wie gut die eingesetzten Maßnahmen sind, um die Anwendung barrierefrei zu gestalten.
Ist SCOPELAND barrierefrei?
Die Low-Code-Plattform SCOPELAND unterstützt Anwendungsentwickler, indem die Pflege der nötigen Eigenschaften für barrierefreies Design komfortabel möglich ist. So können beispielsweise Alternativtexte durchweg auf eine einheitliche Weise gepflegt werden. Bei HTML, wo diese Informationen normalerweise je nach Element-Typ an unterschiedlicher Stelle abgelegt werden müssen und dies zu einer gewissen Komplexität führt, braucht der Anwendungsentwickler dies nicht einstellen: SCOPELAND hinterlegt diese Informationen automatisch im Hintergrund. Dadurch ist die Hürde, diese Informationen bereitzustellen deutlich niedriger als bei Webseiten, die von Hand programmiert werden.
Einschränkungen des Sehens
SCOPELAND-Web-Anwendungen sind für die Verwendung mit Screen-Readern vorbereitet. Dabei handelt es sich um Software, die die Inhalte einer Anwendung, sowohl Text als auch Fenster, Menüs und Auswahlboxen, akustisch wiedergibt. Ein Screen-Reader wird ausschließlich mit der Tastatur bedient und der/die Nutzer/in kann mithilfe spezieller Tastenkombinationen von Bereich zu Bereich springen. Auf HTML-Elemente oder Konstrukte, die von Screen-Readern nicht gut verarbeitet werden können, verzichtet SCOPELAND schon von Hause aus.
Manuelle Einschränkungen
Unsere Web-Anwendungen sind durchgängig auch ohne Maus über die Tastatur steuer- und bedienbar. Wir achten auf die Einhaltung einer sinnvollen Aktivierungsreihenfolge der Oberflächenelemente über die Tastatursteuerung. SCOPELAND stellt zur Kontrolle und Manipulation dieser Reihenfolge geeignete Werkzeuge zur Verfügung und definiert, soweit möglich, bereits sinnvolle Defaults.
Kognitive Einschränkungen
Die Notwendigkeit der Zugänglichkeit von Web-Anwendungen für Menschen mit kognitiven Einschränkungen richtet sich nach der jeweiligen Zielgruppe der Anwendung. Öffentliche Web-Anwendungen, wie Behörden-Webseiten, deren Zielgruppe die allgemeine Bevölkerung ist, haben besondere Anforderungen. Hier ist beispielsweise auf die Vermeidung von unnötig komplexen Satzkonstruktionen und Fremdwörtern zu achten. Auch müssen alle möglichen Interaktionen auf der Webseite ausreichend deutlich erklärt bzw. einfach auszuführen sein. Oft hat man als Nutzer die Option, zu ‚Einfacher Sprache‘ zu wechseln. Das alles sind Aufgaben, die von dem Anwendungsentwickler bzw. der Anwendungsentwicklerin durchzuführen sind.
Um zu überprüfen, ob eine Anwendung barrierefrei ist, gibt es die sogenannte Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2). Damit wird deutlich, dass die barrierefreie Anwendungsentwicklung ein komplexes und bedeutendes Thema ist. Mit einer Low-Code-Plattform, stellt dies jedoch kein großes Problem dar.
Kennen Sie schon das passende YouTube-Video zum Thema?